Analyse einer toxischen Beziehung
Wo stehe ich? Wo will ich hin innerhalb einer toxischen Beziehung?
Möchte ich mich trennen? Soll ich bleiben und abwarten? Soll ich erst in Therapie gehen und dann eine Trennung anstreben? Was passiert denn nach einer Trennung? Ich habe Kinder mit meinem Narzissten. Was für Möglichkeiten sehe ich für mich?
Die Kunst zu lieben, ohne den Partner verändern zu wollen?
In einer gesunden Beziehung sollten beide Partner darauf verzichten, den anderen tiefgreifend verändern zu wollen. Scheint eine Fortsetzung der Partnerschaft nicht möglich, sollte eine Trennung erwogen werden, die für beide gut sein kann. In einem narzisstisch ausgeprägten Miteinander gibt es dieses Denken nicht.
Aber nicht nur der narzisstische Partner hält an der Beziehung fest und wirkt manipulierend und kontrollierend auf die Partnerin ein. Auch die Co-Abhängige ist permanent damit beschäftigt, den Aggressor in andere Bahnen zu lenken, damit der sein abwertendes Verhalten endlich ablegt. Statt sich gegenseitig zu akzeptieren und sich zu trennen, wenn die Beziehung unerträglich wird, gehen die übergriffigen Aktionen auf beiden Seiten unverändert weiter.
Sobald ein Ende der Beziehung in Betracht gezogen wird, macht sich zudem der Gedanke breit, der Aggressor könne sich einer anderen Frau zuwenden, sobald die Betroffene sich trennt. So bleibt sie lieber in einer toxischen Partnerschaft und arbeitet an sich, damit sie diese nicht aufgeben muss.
Sind Kinder in der Beziehung entstanden, findet hier noch eine ganz andere Dynamik statt. Viele betroffene Frauen bleiben, weil sie dem Kind den Vater erhalten möchten. Dieser nutzt dies jedoch oft aus, um die Kinder auf seine Seite zu manipulieren. Steht dann eine Trennung im Raum, entscheiden sich diese häufig für das starke Elternteil – und das ist in ihren Augen nicht die Mutter. Dies wiederum bestärkt die Mutter, innerhalb der Beziehung nach Lösungsstrategien zu suchen, anstatt eine Trennung zu erwägen.
Ich bleibe, weil ich die Situation kenne
Hat die Erwachsene als Kind Erfahrung mit emotionaler Gewalt gemacht, kann sie perfekt mit einer unguten Beziehung umgehen, ohne dass sich ihr Leben komplett falsch anfühlt. Hat sie schon früh feststellen müssen, dass sie nicht viel wert ist, passt sie sich unbewusst dem Aggressor an und hält länger neben ihm aus, als gut für sie ist. Für Liebe arbeiten zu müssen ist der Normalfall. Wurde sie früher emotional vernachlässigt, ist dies ein ganz normaler Vorgang. Sie hat sich halt nicht genug angestrengt und es nicht anders verdient. Mit diesen Gedankengängen ist die Betroffene später die perfekte Partnerin für einen Narzissten.
Als kleines Kind die Eltern zu verlassen, kam für sie nicht infrage. Jetzt den Partner zu verlassen, löst wiederum die gleiche kindliche Verlustangst aus. Sie nimmt wahr, dass das Verhalten des Aggressors keine richtige Liebe sein kann, aber es bleibt die Hoffnung auf Besserung und sie erstarrt emotional in der Beziehung.
Ich bleibe, weil er mich liebt
Der Aggressor verbleibt trotz zahlreicher Kritikpunkte vor Ort und es macht sich der Gedanke breit, von niemand anderem so geliebt zu werden. Das Opfer verliert immer mehr an Selbstbewusstsein und ist froh, dass der unentspannte Part nicht geht. Nach jeder Krise entspannt sich die Lage und die Beziehung wird fortgesetzt. Die Betroffene interpretiert dies als Beweis seiner Liebe.
Innerlich lehnt sich das Opfer jedoch gegen den Narzissten auf. Je mehr sie sich widersetzt, desto mehr Gewalt übt der Aggressor aus. Setzt sie keine Grenzen, passiert das Gleiche. Die Schuld schiebt er ihr zu und verlangt mehr Einsatz. Die Beziehung wird immer schmerzvoller und bald steht wiederum eine Trennung im Raum.
Ich trenne mich, aber bleibe innerlich gebunden
Das Wort "Trennung" würde bedeuten, dass die Partnerin später nicht mehr kümmern sollte, was der übergriffige Partner nach der Beziehung macht. Doch das Gegenteil passiert. Der Gedanke, die nächste Frau würde alles bekommen, was sie sich wünscht, ist kaum zu ertragen. Sie findet tausend Ausreden, um zu bleiben. Keine davon entspricht der Realität – nur die Angst ist real.
Ich kämpfe um meinen narzisstischen Partner
Viele Frauen versuchen weiterhin, trotz aller Erkenntnisse und Verletzungen die Beziehung zu retten. Der Partner soll sich ändern, damit alles so bleibt wie es ist – nur ohne die Gewalt. Doch genau hier kippt das Gleichgewicht. Der Aggressor reagiert mit verstärktem Druck. Situationen eskalieren schnell, weil das Opfer versucht, nicht mehr wie gewohnt einzulenken.
Gegenüber dieser geballten Ladung an Kontrolle und Gewalt bleibt die Partnerin machtlos. Die Geborgenheit einer echten Beziehung wird ihr verwehrt. Der Aggressor kann sie mit Worten versprechen, aber geben kann er sie nicht. Mit ihm bleibt sie immer allein.
@Evelina Blum